Seealpen - Korsika - Berlin. Unser Autor hat den Renault 25 der "Phase eins" (1984-1989) in Berlin erwischt. Fotos (2): Oldtimerreporter.Eichbaum


Als Nachfolger der prestigereichen Sechszylinder-Modelle vom Typ Renault 30 und der nicht ganz so repräsentativen Renault 20 mit Vierzylinder-Motoren rollte ab April 1984 der Renault 25 in die Vorführräume der Händler. So wahrscheinlich auch in den der Garage Primevere in Poisat, einem Vorort von Grenoble.
„Natürlich Madame, auch der neue Renault 25 ist ein prima Reisewagen. Damit können Sie problemlos nach Berlin-Reinickendorf fahren, um Ihren dort stationierten Sohn zu besuchen“ hatte es möglicherweise geheißen.
Fakt und nicht Fiktion ist jedoch, dass dieser R 25 der ersten Serie Anfang 2018 in Berlin zu Gast war, das Händlerschild immer noch auf dem Lack in einer der damals so angesagten Bronzenuancen prangend. Kaum verwunderlich bei dem rundum äußerst gepflegten Zustand der bei 272 cm Radstand 462 cm langen, 177 cm breiten und 141 cm hohen Schrägheck-Limousinen mit großer Heckklappe samt Abrisskante.

„Im Gegensatz zu Ihren Nachbarn im 505 dieser, äh, anderen Marke haben Sie dank des Renault-typischen Frontantriebs auch keine Schwierigkeiten mit der winterlichen Witterung unserer alpinen Region. Bei Eis...

...werden Sie die geheizte Heckscheibe lieben! Und auf den dick gepolsterten Velours-Sitzen frieren Sie viel weniger als auf Ledersitzbezügen“ führte der Verkäufer, so er halbwegs aufgeweckt war, die Beratung fort. „Denken Sie doch an die dank der hinteren Kopfstützen gesteigerte Sicherheit ihrer Kinder! Denken Sie aber auch an Ihren Komfort, an das durch unser Zweispeichenlenkrad bestens einsehbare Cockpit in übermodernem Design! Verwirrende Optik wie bei unserem doppelwinkligen Mitbewerber erwartet Sie nicht, dafür aber Annehmlichkeiten wie elektrische Fensterheber vorn und die Zentralverriegelung. Seien Sie versichert, Gnädigste, mit der Servolenkung dirigieren Sie einen großen Wagen wie den Renault 25 spielend leicht!“
In den 80ern gehörte der Autokauf längst nicht mehr zu den reinen Männersachen, doch war es nach wie vor unabdingbar, mit geübten Blick und Beredsamkeit die Vorlieben potentieller Kunden zu taxieren.


Kaum zu glauben. Aber der CW-Wert der Karosse beträgt 0,28.


„Aufgrund des sensationell niedrigen cW-Wertes von 0,28 sind Sie schon mit der GTS-Ausführung flott unterwegs. Übrigens keine Sorge mit der Wirtschaftlichkeit, über den geringen Durchschnittsverbrauch von rund acht Litern hat sich noch niemand beschwert...“ Mehr Provision hätte es gewiss gegeben, statt jener zweitniedrigsten Trimmlinie den höher positionierten Turbo DX oder gar den V6 2.7 anzupreisen. Im schlimmsten Fall aber auch weniger, wenn diese das Budget des Kunden sprengten und der kurzerhand zum R11 griff. Die ausgefeilte Aeroydnamik verhalf jedoch allen R25-Versionen zu beachtlichen Fahrleistungen; vorliegender Wagen kam mit seinem Vergaser-Reihenvierer auf 103 PS bei 5.500 Umdrehungen und 162 Nm bei 3.000 Touren. In Kombination mit der regulären Fünfgang-Schaltung rauschte die 1.170 kg wiegende Zwoliter-Sänfte der gehobenen Mittelklasse in sehr akzeptablen 11,5 Sekunden von 0 auf 100 und erreichte äußerst achtbare 182 Sachen Spitze. Die Kundschaft war begeistert und orderte bis Februar 1992 satte 780.976 Exemplare. Renault war begeistert ob des auch nach dem Facelift 1988 fortdauernden Publikumsinteresses und lancierte als Ablösung den ebenfalls in Sandouville gefertigten Safrane.
Oder ist der nahezu makellose Auftritt "unserer" Renault-Limousine ihrem späteren Einsatzort auf der warmen Mittelmeerinsel Korsika zu verdanken? Das Kennzeichen aus dem Département Corse-du-Sud – 2A – mitsamt des Inselwappens legt auch dies nahe, eine Garage gegen die mitunter unbarmherzige Sonne allerdings genauso. Wer weiß, vielleicht galt die Tour im R25 auch den Spuren eines der bekanntesten Korsen, der Berlin 1806 bis 1808 besetzt hielt. Kein Grund, nicht in Gedanken mitzuschwelgen. Und noch viel weniger, bei der Rückfahrt in den sonnigeren Süden als Flucht aus der Februarkälte nicht mit an Bord sein zu wollen.


Facelift: Die "Phase zwei" kam 1989 in den Handel und wurde bis Anfang 1992 gebaut. Foto: Klaus Nahr