Löwenherz: Der Peugeot 504 verrichtet(e) nahezu immer völlig klaglos seinen Dienst.  Fotos(4): jokai


Gut, der richtige Geburtstag des Peugeot 504 ist erst im September, aber eigentlich sollte er bereits im Juni 1968 vorgestellt werden, fünf Jahre zuvor begann die Entwicklungsarbeit an diesem neuen Modell … aber der Reihe nach:
Der 1960 eingeführte  Peugeot 404 war drei Jahre erfolgreich auf dem Markt, da erteilte der Peugeot-Vorstand den Entwicklungsauftrag für das Nachfolgemodell. Schnell war klar, das soll nicht einfach nur ein "Update" werden, das wird ein "Upgrade" und so entschied man sich, das neue Modelle nicht die Modellbezeichnung "405" zu geben (die wurde ja später erst 1987 vergeben), sondern eine neue etwas höhere Modellreihe zu eröffnen: 504
Kurz vor der geplanten Markteinführung kam es in Frankreich zu sozialen Unruhen und zum Generalstreik, so dass der Marktstart auf die Zeit nach den Werksferien verlegt werden musste. Am 12.September schließlich präsentierte Peugeot den von Pininfarina gezeichneten Peugeot 504 als Berline der breiten Öffentlichkeit. Da stand er nun mit...

...seiner markanten Front, die trapezförmigen Scheinwerfer verglichen manche mit den Augen von Sophia Loren, das Heck hatte den unverwechselbaren Knick im Kofferraumdeckel.
Bei der Technik griff man auf den bewährten ohv-Motor vom 404 um 200 ccm mehr Hubraum vergrößert, zurück, aber anders als bei ihm, gab es Einzelradaufhängung und Scheibenbremsen rundrum serienmäßig. Bis 1971 hatte der Motor 1,8l Hubraum, ab 1971 dann 2,0l wahlweise als Vergaser oder Einspritzer.

Niemand konnte da ahnen, welch ein Erfolg der 504 werden würde: bereits 1968 zum "Auto des Jahres" gekürt, endete die Bauzeit erst nach 37 Jahren 2005 in Nigeria! Kein anderer Peugeot wurde so lange und in so vielen Karosserie-Varianten gebaut wie dieser. Im März 1969 erschienen dann schon das elegant gezeichnete Coupé und das Cabriolet, 1971 folgten die Kombimodelle Break, Commerciale und Familiale, der legendäre 7-Sitzer. 1979 rundete der Pickup mit einer Tonne Zuladung und einer Reihe von Aufbauvarianten schließlich das Modellprogramm ab.
Als einer der wenigen Automobilhersteller mit einer langen Diesel-Tradition folgte selbstverständlich 1972 auch eine 2,1l-Dieselvariante für Limousine und Kombimodelle und später auch für den Pickup.  Die Coupés und Cabriolets gab es 1974 bis 1977 ausschließlich mit dem 2,7l-Euro-V6, danach optional nur im Coupé. 1973, kurz nach der Ölkrise wurde zusätzlich eine 504-Sparversion, "L" benannt,  mit nur 1,8l, Einfachvergaser für Normalbenzin und trommelgebremster Starrachseauf den Markt gebracht.
Robustheit, Zuverlässigkeit und Komfort sind die Attribute, die man mit diesem Wagen verbindet, allerdings auch Rost, der in den 70ern ja vielfach ein Problem war.

Nach 11 Jahren, 1979, endete mit dem Erscheinen des Peugeot 505 der Verkauf für die 504-Limousine in Deutschland (in Frankreich erst 1981), den Kombi gab es bis zum Erscheinen des 505 Break und Familiale bis 1982 in Deutschland und Frankreich zu kaufen, anschließend gingen die Produktionsanlagen nach Argentinien und Nigeria, hier erlebte der 504 als Limousine seine zweite Karriere bis 2005 (!) und zählt damit zu dem am längsten gebauten Peugeotmodell überhaupt. Der Vollständigkeit halber erwähnt sei, dass die Coupé- und Cabrioletmodelle mit dem dritten Facelift dann bis Sommer 1983 angeboten wurden. Wer schließlich in den Achtzigern in Deutschland einen neuen 504 haben wollte, konnte bis 1987 zum Pickup mit Vergaser oder Dieselmotor greifen.
3.680.439 Peugeot 504 wurden insgesamt gebaut, davon 2.524.650 Limousinen. Der hier gezeigte Peugeot 504 ist  ein "GL automatique" in "bleu d'azur métallisé" von 1975, das erste Modelljahr mit den versenkten Türgriffen, aber noch mit dem goldenen Löwen am Kühlergrill. Er befindet sich seit 25 Jahren in Liebhaberhand und ist unrestauriert, trägt seine leichten Gebrauchsspuren mit Würde auf dem damals noch im Werk teilweise mit Handarbeit aufgetragenen Einschicht-Metallic-Lack.

Lange stand die Limousine im Schatten der Liebhaberei von Coupé und Cabriolet, inzwischen sieht es anders aus, nur das Angebot an guten Limousinen ist gering, viele wurden noch in den Neunzigern geschlachtet (zur Rettung von den CC-Modellen) oder sind nach Afrika exportiert worden. Pickups und Kombimodelle sind heute noch viel rarer hierzulande als Limousinen. Für eine gute 504-Limousine in der "GL" (Vergaser)-  oder "Ti" (Einspritzer)- Version werden um die 7500,- Euro aufgerufen, in etwa umgerechnet der damalige Neupreis (1978). Das Schiebedach ist bei "GL" und"Ti" Serie, zusätzlich im "Ti" gibt es ab 1976 eine Servolenkung und E-Fenster vorne.
Das wichtigste Kriterium beim Kauf ist eine gute Karosserie, denn Blecharbeiten sind teilweise mangels Karosserieteilen nicht immer günstig, allein die vorderen Kotflügel sind noch leicht zu bekommen.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Schweller, Radläufe, Türunterkanten und Türböden, die Endspitzen sowie im Motorraum auf die Stoßdämpferaufnahmen gerichtet werden. Die Technik ist überschaubar und relativ leicht zu reparieren, Teile sind größtenteils verfügbar. Im Innenraum ist ebenfalls auf eine komplette und ganze Ausstattung zu achten, hier wird  Ersatzbeschaffung äußerst schwierig!

Technisch ist bei den Einspritzern auf einen sauberen Motorlauf ohne Rußen zu achten, die Teile für die Kugelfischer-Einspritzanlage sind recht teuer, insgesamt anfällig ist die Zylinderkopfdichtung gegen Überhitzung, die mit einer Steuerkette arbeitenden Motoren sind robust, regelmäßiger Ölwechsel min. alle 5000 km vorausgesetzt. Ebenso verlangen die bis zu sieben Schmiernippel am Unterboden nach regelmäßigem Fettnachschub. Die Getriebe sind sehr haltbar, auch das 3-Gang-ZF-Automatikgetriebe, das nach 20.000 km nach frischem ATF verlangt.
Alles in allem ist der Peugeot 504 als Limousine als 96 PS-Vergaser oder 106-PS-Einspritzer noch immer ein sehr komfortabler gut ausgestatteter Reisewagen, der auch heute noch im immer rasanter werdenden Verkehr gut zurechtkommt.











Joachim Kaiser ist  1.Vorsitzendes des PeReCi e.V, gegr. 1992 (erst als IG)
Fährt, schraubt und beschäftigt sich seit 1986 aktiv mit dem Peugeot 504