Mehr Auto braucht kein Mensch: Der Renault 4 CV wurde über 1,1 Millionen mal verkauft.
Foto: Berthold Werner


Anfang 1942, Boulogne-Billancourt. Eine illustre Runde um Fernand Picard, Entwicklungschef bei Renault, macht sich an die Arbeiten zu einem völlig neuen Gefährt. Die Idee dazu brachte der Chef selbst aus dem Deutschen Reich mit, im Rahmen der Berliner Automobilausstellung bekommt er eine Audienz bei Hitler. Der ihm Pläne des KdF-Wagens zeigt. Nun weiß Renault aber schon längst, dass dies nicht Porsches Idee ist, sondern auf Barényi und Ledwinka zurückgeht. Doch bevor er anfangen kann bricht der Krieg aus, Frankreich wird erobert und die Renault-Werke von den Nazis besetzt. Und zivile Projekte sind bei Strafe verboten. Was Renault nicht weiter schert, er will ihn, den französischen Volkswagen.
Aber der Krieg behindert die Arbeiten, und doch übersteht der kleine Wagen drei Fliegerangriffe auf fast wundersame Weise.

Als Renault 1944 stirbt, steht der kleine 4CV als Waise da. Renaults Nachfolger Pierre Lefaucheux erkennt das Potential und bringt den kleinen Wagen zur Serienreife. 1947 kann man mit der Serienproduktion beginnen. Allerdings bekommt man die ersten 4CV nur in einem crémegelb, denn eine Farbauswahl ist bei der Knappheit an Rohstoffen und Material so kurz nach dem Krieg undenkbar. Man hat aber noch Lackbestände der Wehrmacht, für die man arbeiten musste, auf Lager, kippt diese zusammen und erhält damit eine Farbe, die dem Wagen seinen Spitznamen gibt: Motte de beurre, Butterklumpen. In Deutschland ist man da charmanter. Vermutlich im Saarland, wo der 4CV dank der wirtschaftlichen Zugehörigkeit an Frankreich leicht zu bekommen ist, nennt man das Auto „Crémschnittchen“.


Die typische Felge wirkt wie eine Spurverbreiterung. Erst die letzten 4 CV rollten auf profanen Stahlscheibenrädern zu den Kunden.
Foto: Oldtimerreporter.Gaubatz


Und diese Schnitte soll zum Erfolg werden, Renault bietet als einziger ein völlig neu entwickeltes Auto an. Der 4CV hat Potential, vor allem junge Familien schätzen seine Kompaktheit und grandiose Raumausnutzung, seinen kräftigen und doch sparsamen Motor und auch seine Vielseitigkeit. Denn schon bald gibt es den 4CV auch als Cabriolimousine, Lieferwagen „Service“, Sportmodell „R1063“ und auch mit besseren Ausstattungen. Besondere Aufmerksamkeit erregt das Wägelchen aber bei Autorennen. Zahlreiche Siege und Podiumsplätze sorgen bei zivilen Piloten Begehrlichkeiten. Den besonderen Ritterschlag erhält der 4CV aber 1955, als ein gewisser Jean Rédélé, Renault-Händler aus Dieppe, ihn als Basis für seinen ersten eigenen Sportwagen hernimmt, die Alpine A106. Und weil Rédélé auf einem 4CV den Coup des Alpes gewann, nennt er seine Sportwagenschmiede „Alpine“.
Der 4CV erfährt im Laufe seines Lebens immer wieder Verbesserungen, wie verstärkte Stoßdämpfer oder verbesserte Instrumente. Äußerlich ändert man nicht viel, Mitte der 1950er ersetzt man die sechs schmalen Leisten an der Front durch drei breitere Exemplare. Der 4CV wird der erste Million-Seller bei Renault werden, erst nach 14 Jahren und mehr als 1,1 Millionen Stück wird er Platz machen. Für den noch erfolgreicheren Renault 4.