50 PS werkeln unter der innen liegenden Haube der 1962-er Schweinenase. Fotos: Oldtimerreporter.Eichbaum.


Wenn es für ihre Galerie spontan etwas zu transportieren gibt, setzen Petra Lange und Karl-Heinz Zechner auf ihren Peugeot D4. Und wenn nicht? Dann genießen die frankophilen Oldtimer-Fans ihre Fahrten in der ‘Nez de Cochon‘ auch ohne Fracht. 1946 von Chenard und Walcker herausgebracht, war der Onebox-Transporter CHV zwar durchdacht und auch augenfällig, doch ließ sich das marode Unternehmen so nicht retten.
1950 übernahm dann Peugeot die Leitung, nannte den Fronttriebler in D3 um und baute, wie von C&W vorgesehen, den Motor des 203 ein. Der war jedoch so lang, dass die Front einen Vorbau benötigte – damit war die ‘Nez de Cochon‘ – die Schweinenase – geboren.  1955 zog das auf 45 PS beschränkte Triebwerk des 403 ein, zudem gab es auf Wunsch eine Schiebetür und die neue Bezeichnung D4.


Nasenfan: Karl-Heinz Zechner verbindet die Oldtimerliebe mit geschäftlichem Nutzen.


Die D3 und D4 standen als Kastenwagen mit oder ohne Fenster, als Kleinbus, Krankenwagen und Viehtransporter zur Wahl. Bemerkenswert ist nicht nur, dass bei den von 1960 bis 1965 gefertigten D4B Bussen die Vordertüren anders als bei den übrigen Versionen vorn angeschlagen sind, sondern auch die üppige Nutzlast des mit unabhängig aufgehängten Rädern gesegneten Lastesels: Bei 1.450 kg Eigengewicht ist er gut für 1440 kg Fracht. „Unsere Schweinenase“, berichtet Karl-Heinz Zechner, „kam laut CERTIFICAT D‘IMMATRICULATION erst in Mittel- und dann in Nordfrankreich zum Einsatz, mehr ist über die Historie leider nicht bekannt. Gekauft habe ich sie 2017 bei Lübeck, ich hatte schon immer Spaß an Oldtimern, es ist jetzt mein 39. Privatwagen.
Als helfende Zusatzkraft für die in Charlottenburg liegende Galerie meiner Frau eignet sich das auffällige Fahrzeug perfekt. Falls mal Not am Mann ist und die von uns üblicherweise beauftragte Kunstspedition auf die Schnelle nicht kann, kommt der Peugeot auch schon einmal seiner ursprünglichen Bestimmung als Transporter nach. Bis zu 240 mal 160 cm große Werke passen problemlos hinein.“ Das 1962er Modell, D4B, hat seit 1960 den 50 PS starken 403-Motor – ungewöhnlich viel für ein damaliges Nfz dieser Klasse, und gleiches gilt für die großzügige und sogar zur Hälfte aufschiebbare Fond-Verglasung. Letztere erfreute besonders die bis zu acht Fahrgäste.
Beim Kauf erwarteten Karl-Heinz Zechner jedoch nur vier Einzelsitze, eingesetzt mit Mercedes-Liegebeschlägen. „Der Zustand war mit an Ketten aufgehängtem Auspuff, vier verschiedenen Winterreifen und diversem Rost stark verbesserungswürdig. Der Händler kümmerte sich um die Technik und brachte einen Rempler am Heck, die Frontstoßstange sowie die Nase optisch auf Vordermann. Ich entkernte den Innenraum und fertigte neue Seitenverkleidungen an. Die gesamte Möblierung störte mich mit uneinheitlichen Skai-Sitzbezügen, die ohnehin verschlissen waren.
Also ließ ich vier neue Sitzgestelle nach Bildvorlagen zurechtschweißen. Die beiden Vordersitze wurden von einer befreundeten Designerin in schwarzem Kunstleder neu bezogen. Die hinteren Sitze habe ich selbst in blau erstellt. Ich bin mit dem Ergebnis durchaus zufrieden. Außerdem verwandelte ich die originalen Hecktürgriffe in abschließbare Exemplare, daran führte kein Weg vorbei.“ Bei unserem Treffen vor der Galerie Petra Lange in der Berliner Pestalozzistraße 4 ließ sich der D4B nach mehrmonatiger Pause in einem Oldtimer-Winterquartier unproblematisch nach kurzem Zögern starten.

Die Idee aufgreifend, Kunstwerke zur ‘Nez de Cochon‘ für eine Ausstellung zu schaffen, ließ ein Dutzend der mit der Galerie verbundenen Künstler tätig werden. Es entstanden Aquarelle,  Zeichnungen, Gemälde, Holzschnitte und Collagen. Sogar eine Sandstein-Skulptur. Insgesamt ganz außergewöhnliche Arbeiten.
Viel Freude hat Karl-Heinz Zechner mit der ‘Nez de Cochon‘ selbst schon erfahren können: „Nach Abschluss der Teilrestauration habe ich den D4B via Landstraße nach Berlin überführt. Wo immer ihn Leute bemerkten - sie guckten erstaunt und freudig - reckten sie ihre Daumen hoch und winkten einem zu. Mit diesem Fahrzeug trifft man immer wieder auf freundlich lächelnde Menschen. Peugeot selbst lächelte erst, als das Stiefkind 1965 zugunsten des deutlich populäreren J7 eingestellt war – insgesamt 64.430 D3 und D4 stellten trotz aller Tugenden eine geradezu lächerliche Stückzahl dar – die rivalisierende Citroen H-Reihe kam in 33 Jahren auf 473.289 Einheiten, der J7 in derer 15 auf 336.220. „Die geringe Produktion macht sich heute noch bemerkbar, eine Achswellenreparatur etwa dauerte sechs Wochen. Zudem gibt es kaum Teile, während für unseren Citroen 11 CV quasi alles vorhanden ist. Aber auch der enorme Wendekreis, die servolose Kurbelei und die Einkreis-Bremsanlage werden uns nicht auseinander bringen!“ ist sich der Halter sicher.