Was den Briten ihr "Racing-Green" war den Franzosen und ganz besonders den Bugattis ihr "Course-Bleu", wie hier bei der Typ-35-Parade - heute in der Cité de l’Automobile in den ehemaligen Werkshallen der Brüder Schlumpf in Mulhouse im Elsass. Durch die Intervention von Francois Mitterand konnte nicht nur die komplette Bugatti-Sammlung der Brüder nach der Schlumpf-Pleite gerettet werden, sondern mit 25.000 Quadartmetern auch das größte Automobilmuseum der Welt entstehen. Ein Besuch lohnt sich - definitiv.
Foto: Oldtimerreporter.Haehnel


Bugatti. Wer diesen Namen hört, der denkt zuerst an unglaublich erfolgreiche Sportwagen und Luxuslimousinen vom Feinsten. Wer diesen Namen hört, der hat sie vor seinem geistigen Auge, die fahrenden Legenden vom Schlage eines Typ 35. Wer diesen Namen hört, der bekommt glänzende Augen und Herzklopfen. Kaum eine Automarke erzeugt derartige Emotionen.
Aber die Geschichte Bugattis verlief nicht immer geradlinig, Irrungen und Wirrungen begleiteten die Erfolgsgeschichte. In diesem Jahr kann die Marke mit der „Hufeisenschnauze“ gleich mehrere Jubiläen feiern. Zwei sind besonders hervorzuheben.

1909 ist ein bedeutsames Jahr für den in Mailand geborenen Ettore Arco Isidoro Bugatti. Noch arbeitet der begnadete Ingenieur bei der Kölner Gasmotoren-Fabrik Deutz AG, doch längst schon stehen die Zeichen auf Veränderung. Allerdings beginnt das Jahr 1909 mit einem äußerst freudigen Ereignis. Am 15. Januar wird sein Sohn Gianoberto Carlo Rembrandt Ettore Bugatti geboren, der als Jean Bugatti berühmt werden wird. An seine Heimatstadt Köln jedoch wird sich der kleine Jean nicht gewöhnen können, denn im Herbst seines Geburtsjahres eröffnet Vater Ettore andernorts im Deutschen Reich eine Automobilfabrik.
Sie werden sich nun möglicherweise verwundert das lesende Äuglein reiben. Jedes Kind weiß doch, dass Bugatti im Elsass ansässig war und ist.


1939: Albert Divo mit dem Typ 35 bei der Targa Florio.
Foto: Bugatti


Ja, das stimmt. Aber das Elsass war nach der Reichsgründung in Folge des Krieges 1870/71 nun „Deutsche Reichslande“, erst 1918 wird es wieder französisch werden.
So oder so, Bugatti nimmt den Betrieb auf und unterschreibt dann am 1. Januar 1910 einen Mietvertrag für die leerstehende Färberei, die zum Geburtsort der legendären Fahrzeuge wird. Von Kindesbeinen an zeigt Jean ein reges Interesse am Treiben des Vaters, er ist handwerklich geschickt und bereits Ende der goldenen Zwanziger nicht mehr aus dem Unternehmen wegzudenken. Sein ganz besonderes Talent allerdings liegt im Gestalterischen, er ist ein wahres Genie, wenn es um Fahrzeug-Design geht. Seine genialste Schöpfung dürfte der Typ 57SC sein, von dem nur vier Stück entstehen. Eine wahre Design-Ikone.


Der geniale Konstrukteur und Rennfahrer Jean Bugatti wurde nur 30 Jahre alt. Ein schwerer Schlag für Vater Ettore.
Foto: Bugatti


Doch das Schicksal lauert bereits. Und am 11. August 1939 schlägt es unerbittlich zu. Bei Testfahrten in der Nähe der Fabrik kommt es zu einem Unfall, Jean Bugatti stirbt mit nur 30 Jahren.
Ein Schlag nicht nur für Ettore, auch das ganze Unternehmen leidet darunter. Zwar baut Bugatti weiterhin exklusive Renn- und Luxuswagen, doch nie wieder wird ein Bugatti zu einer Design-Ikone werden. Es dämmert in Molsheim. Bis dann 1963 die Lichter endgültig ausgehen. Daran kann auch die Fusion mit dem ebenfalls im Sterben liegenden Hersteller Hispano-Suiza nichts ändern. Sie ist vorbei, die Zeit der legendären Typen 35, 55 und 57. Vorbei die Zeit der innovativen Experimente, die sich in dem Elektro-Modell Typ 56 manifestieren.


Hightech vom Feinsten bietet dieser 50B, eins von vielen Meisterstücken: Zwei obenliegende Nockenwellen, Turbolader, 4,8 Liter, 400 PS bei 5100 Touren. Mit ihm erreichte Bugatti Geschwindigkeiten bis zu 290 km/h - vor 80 Jahren, wohlgemerkt! Da sei die Frage erlaubt: Was können eigentlich Hochleistungsmotoren von heute besser?
Foto: Oldtimerreporter.Haehnel


Vorbei die Zeit der grandiosen Rennerfolge, darunter der Sieg beim ersten Grand-Prix in Monaco 1929. Vorbei. Wirklich? Nein, nicht wirklich. Bugatti fasziniert immer noch. Bereits in den 80ern wird der Name in Italien wiederbelebt, aber es bleibt bei einem kurzen Intermezzo. 1998 schließlich erwirbt die Volkswagen AG die Namens- und Designrechte und aktiviert die Marke neu. Ganz im Sinne von Ettore und auch Jean Bugatti entstehen exklusive und edle Straßenrennwagen, wie zum Beispiel der Veyron oder der Chiron, die im Design durchaus dem Genie des Jean Bugatti zur Ehre gereichen würden. Und Volkswagen ist sich seiner Verantwortung durchaus bewusst. Das Anwesen der Bugattis wird aufwändig restauriert. Und die Produktion befindet sich, na wo wohl? Natürlich in Molsheim. Und so bleibt es hoffentlich auch die nächsten 110 Jahre.


Ehre, wem Ehre gebührt. Das neue Sondermodell Bugatti Divo wurde nach dem französischen Bugatti-Rennfahrer Albert Divo benannt und wird ganze 40 Mal gebaut.
Der Sechszehnzylinder-Doppel-VR-Motor liefert 1500(!) PS. Aber Bugatti hat die Höchstgeschwindigkeit auf 380 km/h begrenzt. (Eigentlich läuft er 420 km/h Spitze) Sollten Sie irgendwo noch fünf Millionen Euro rumliegen haben, könnte das Ihr Auto sein. Das ist allerdings nur der Basispreis... Dass er dann auch noch bis zu bis zu 35 Litern Kraftstoff benötigt, um unter anderem in 2,8 Sekunden auf 100km/h zu beschleunigen, spielt dann auch keine Rolle mehr. Wer also braucht da noch die Formel 1? Foto: Bugatti


Anmerkung der Redaktion: Und was lehrt uns das alles? Wenn Du das Beste willst, lohnt sich immer zuerst ein Blick ins Elsass...