Seinerzeit war der Renault 16 gegen Opel, Ford, Mercedes, VW und Co. Hightech pur. Foto: Christian Both


Ende der 1950er-Jahre schlägt Renault-Chef Pierre Dreyfus neue Wege ein. Weg vom Heckmotor und -antrieb, hin zum Frontantrieb. Mit neuem Konzept und frischem Mut erscheint 1961 der 4CV-Nachfolger Renault 4. Und wird zum Erfolg. Also muss man nachlegen. Doch die Entwicklungen eines neuen Modells der oberen Mittelklasse gehen in die falsche Richtung, der Frégate-Nachfolger soll mit Frontmotor und Heckantrieb erscheinen, das veraltete Konzept hat bei Dreyfus jedoch keine Chance.

Er will auch hier das R4-Prinzip. Also wird Projekt 114 ad acta gelegt und die Akte 115 aufgeschlagen. 1961 gehen Gaston Juchet und Claude Prost-Dame ans Werk und stellen mit dem Renault 16 einen Meilenstein auf die Räder.

 

Dabei haben es Dreyfus und seine Entwickler nicht wirklich leicht. Über allem schwebt die bereits zehn Jahre alte und omnipräsente Göttin, Citroëns DS. Die ist zwar äußerst futuristisch designt, aber im Grunde traditionell konzipiert, sprich: Viertürige Limousine mit angehängtem Kofferraum. Aber auch sonst findet sich nichts Vergleichbares. Opel Rekord B und C, Fords „große Wanne“ P5, Peugeot 404, allesamt klassische Stufenhecklimousinen. Der R4 hat zwar eingeschlagen, aber würde das auch in der gehobenen Klasse funktionieren? Bleibt nur eins, mangels Marktbeobachtung: Versuch macht kluch. Vorher sichert man sich allerdings ab und entwickelt eine klassische Reiselimousine für die Konservativen, wenn auch eine Klasse tiefer angesiedelt. Man bläst den Renault 8 auf und erhält so den Renault 10. Scheinbar hat man an den Ufern der Seine Angst vor der eigenen Courage.
Aber wie wir heute wissen, die Angst ist unbegründet. Von Anfang an polarisiert der Neue, aber die Fans werden täglich mehr. Und am Quai de Javel dürfte man sich geärgert haben. Wäre doch die DS ob ihrer Linienführung geradezu prädestiniert gewesen für dieses Konzept. Aber so punktet der Rivale aus Boulogne-Billancourt. Ein Journalist bemerkt, selbst eine Standuhr hätte auf dem Rücksitz nobel ausgesehen. Den Ritterschlag erhält der R16 allerdings aus dem Ausland. Die britische Rennfahrerlegende Sir Stirling Moss rechnet mit der heimischen Automobilindustrie ab. Er empfiehlt den englischen Autobauern, sich einen R16 zu kaufen und ihn gründlich zu erforschen. Denn er wäre, so der Sir, das am intelligentesten konstruierte Fahrzeug. Was will man mehr? Vom Erfolg beflügelt liefert Renault den neu entwickelten Aluminium-Motor sogar an den Sportwagen-Hersteller Lotus. Und bringt neue Versionen auf den Markt. 1968 erscheint die Variante TS, die mit 83 PS aufwartet. Ein Quantensprung gegenüber den, zugegeben etwas mageren, 55 Pferdchen des „Ur-Typ“. Es folgen Automatik-Modelel und 1974 kommt der Kraftbolzen in Form des TX, der 93 PS abliefert. Ihn erkennt man an den eckigen Doppelscheinwerfern. Und auch weitere Ausstattungsversionen gibt es, am Komfort jedenfalls mangelt es dem Renault 16 nicht. Und seine Zuverlässigkeit wird sprichwörtlich. Doch ohne Sorgen ist auch der R16 nicht. Die größten Sorgen bereitet Väterchen Rost. Die diffizile Hinterachs-Konstruktion, bedingt durch die hintereinanderliegenden Torsionsstäbe, ist sehr anfällig und bedeutet oft schon das frühe Aus. Gerade wegen der Diffizilität der Konstruktion ist eine Reparatur teuer und lohnt oftmals nicht. Aber letzten Endes überwiegen die technische Robustheit, der Komfort und die Einzigartigkeit des Renault 16. Bis 1980, in rund 15 Jahren Bauzeit, überzeugt er so 1,85 Millionen Käufer.
Heute ist der 16er fester Bestandteil der Oldtimerszene, immer mehr Liebhaber haben ihn im Fokus. Gleich mehrere Clubs kümmern sich um den Erhalt dieses revolutionären Franzosen. Kaum ein Renault-Treffen, bei dem kein R16 zu finden ist. Und das hat er sicher auch verdient. Er ist zwar nicht so avantgardistisch wie Citroëns Göttin DS, dafür ist er aber ein echter Revoluzzer. Einer, der das Auto an sich verändert hat. Danke dafür und herzlichen Glückwunsch, Monsieur seize.