Nicht zum Lächeln: Einige Fahrzeuge aus der Katastrophe mussten gleich dem Schrotti übergeben werden. Fotos: privat / Chlebna


Erinnern Sie sich an den 2. Januar 2006? Wenn Sie in Süddeutschland oder Österreich wohnen, dann ganz bestimmt. Es war der Tag, an dem in Bad Reichenhall das Dach einer Eislaufhalle einstürzte und 15 Menschen, meist Kindern und Jugendlichen, das Leben nahm. Ein Unglück, wenn auch nicht so tragisch, weil Gott sei Dank keine Menschenleben zu beklagen waren, ereignete sich zur gleichen Zeit im österreichischen Henndorf am Wallersee. Dennoch war es eine emotionale und wirtschaftliche Tragödie, die sich dort abspielte.

Wenn wir „Drama in den Bergen“ lesen oder hören, dann denken wir unweigerlich an Ludwig Ganghofer oder Luis Trenker. Doch was sich an jenem 2. Jänner am Wallersee abspielte, hatte mit Bergsteigerromantik rein gar nichts zu tun.


Rote R18-Reste unter den Trümmern...


Die kleine Gemeinde Henndorf im Salzburger Land gelegen, ist sehr ländlich geprägt und zählt gerade mal rund 5.000 Seelen. Überall auf den umliegenden Wiesen stehen vereinzelt Scheunen. Und in eine dieser Scheunen wollen wir einen Blick werfen. An jenem 2. Jänner 2006.
Es hat die ganze Nacht geschneit. Aber in der Scheune ist trotzdem alles trocken, das Dach ist dicht, alles ist ruhig. So ruhig, dass man fast schon das Fallen der Schneeflocken hören kann. Und es schneit weiter. Immer weiter, zuerst war noch alles entspannt, der Schnee lag kniehoch. Doch mittlerweile liegt der Schnee mehr als hüfthoch. Aber immer noch ist es trocken in der Scheune, immer noch ist alles ruhig. Aber dann passiert, was nicht passieren darf, es beginnt zu regnen. Der Schnee geht in Regen über und macht die gewaltigen Schneemassen deutlich schwerer. Die Scheune ist immer noch trocken, aber leise beginnt es im Gebälk zu


...die nach der Bergung so aussahen.


ächzen und zu stöhnen. Und es regnet weiter. Und der Schnee wird noch schwerer. Das Ächzen des Scheunendachs wird lauter. Bis es schlussendlich in einem riesigen Krachen endet. Das Scheunendach ist eingestürzt. Und begräbt vierzehn Fahrzeuge unter seinem Gewicht. Fast alle sind Renault-Fahrzeuge des Typs R18, dazu gesellen sich noch ein R4 und ein R20. Peter Chlebna, dem bis auf den R4 all diese Fahrzeuge gehören, eilt umgehend an den Ort der Tragödie. Und beginnt erst einmal, sich einen Überblick zu verschaffen. Das also ist der klägliche Rest der einst größten R18-Sammlung Europas, vielleicht sogar der größten Ansammlung von R18 weltweit.
Nur wenig später, als sich die Wetterlage beruhigt hat, beginnt Peter Chlebna mit der Aufräumaktion. Fazit: Vier R18 waren nicht mehr zu retten, die werden direkt vor Ort dem Schrottentsorger übergeben. Der Rest der Sammlung kommt in einer kurzfristig angemieteten Halle in St. Johann (Pongau) unter. Hier stellt Chlebna fest, dass ein weiterer Teil nur noch als Teilespender taugt, nur wenige Fahrzeuge zeigen sich kaum beschädigt oder wenigstens noch soweit gut, dass sich ein Wiederaufbau lohnt.
Aber es gibt auch hier die positiven Momente. Natürlich sind solche Rettungs- und Aufräumaktionen nicht an einem Tag zu bewältigen. In einer dieser Aktionen zeigt sich die Solidarität unter Oldtimer-Freunden. Vier Freunde von Peter Chlebna treten die rund 700 Kilometer lange Fahrt von Nordrhein-Westfalen an den Wallersee an, um dem in Not geratenen Freund zu helfen. Kennengelernt haben sie sich im Renault Klassik-Forum. Da sag nochmal einer, im Internet entstünden keine echten Freundschaften! Ein weiterer Freund, zu jenem Zeitpunkt noch selbstständiger KFZ-Meister in Schwerte, hilft auf anderem Wege. Dietmar Lorken-Korte entdeckt auf der großen Internet-Auktions-Bucht einen roten Renault 18. Für einen Euro. Ohne Motor. Aber was will man auch für einen Euro erwarten? Kurzerhand schnappt sich Lorken-Korte seinen Firmen-Trafic, schnallt den Hänger an und macht einem Umweg über das Saarland, um den Verfasser dieses Berichtes aufzunehmen. Gemeinsam geht es über das benachbarte Frankreich in den Schwarzwald, wo besagter R18 steht. Einen Euro bezahlt, natürlich in bar, R18 aufgeladen und zurück ins Saarland, um den tippenden Beifahrer wieder abzusetzen. Zuhause in Schwerte beginnt Lorken-Korte mit dem Aufbau des gallischen Familienautos. Erst vor kurzem hat Peter Chlebna den R18 im Ruhrpott abgeholt. Ende gut, alles gut? Sagen wir mal: Jein. Gut ist es nicht wirklich. Der emotionale Ausnahmezustand, dem der Besitzer der Sammlung ausgesetzt war, den wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Und der wirtschaftliche Schaden ist auch nicht gerade ein Pappenstiel. Dazu der Ärger mit Versicherungen, wir alle haben das sicher schon mal im Kleinen erlebt. Aber Peter Chlebna hat niemals aufgegeben. Und hat mit dem bescheidenen Beitrag seiner Freunde heute wieder eine ansehnliche Sammlung diverser Renault 18, Renault 20, und eine Handvoll Fuegos haben sich auch eingefunden. Freunde in der Not… Peter Chlebna hatte sie.