Kreuzbraver Herald-Motor und kreuzbraves (Boots-) Styling? Eine Schönheit ist das Amphicar nicht. Foto: Oldtimerreporter.Haehnel


Fahren, schwimmen und Spaß bringen. Nein, das sind nicht die hervorstechenden Kompetenzen eines unterhaltsamen Triathleten. Auch ein Motorboot der Größe XL ist nicht gemeint, dem fiele das Fahren ja auch einigermaßen schwer. Aber da gibt es ein Gefährt, das diese Eigenschaften auf sich vereint: Das Amphicar 770 aus der Feder von Hans Trippel. 2021 feiert das Amphicar seinen 60sten Geburtstag, werfen wir also einen Blick zurück: 

1958, Hans Trippel ist wieder einmal mit einem seiner Unternehmen gescheitert, trifft er auf eine gute Geldquelle namens Harald Quandt. Die beiden Herren beschließen, die Welt mit einem Schwimmwagen zu beglücken. Besonders die USA haben sie dabei im Blick, sitzen dort doch deutlich mehr Neureiche mit Bedarf an Spielzeugen, die eigentlich keiner braucht. Gesagt, getan, Trippels Pläne bringen ein gefällig gezeichnetes Schwimmcabrio (wer braucht ein Dach?) hervor. Die technische Basis bildet der kreuzbrave Triumph Herald 1200, 38 PS genügen für die Straße – und fürs Wasser sowieso. 120 km/h zu Lande, 6,5 Knoten im Wasser, 1000 staunende Blicke der Uferbesucher.
Schmiernippel hat der Herald eher keine, das Amphicar hingegen viele. Und die rufen nach jeder Wasserfahrt „Schmier mich, schnell!“, was nicht alle Besitzer zu schätzen wissen. Wasser im Fluss unter dem Auto ist eine lustige Sache, Wasser im Auto hingegen weniger. So amüsieren sich Amphicar – Besitzer dann auch kaum, als ihnen die Sache buchstäblich nicht dicht vorkommt.


6,5 Knoten oder genau 12,03 km/h produzierten diese beiden Propeller im Wasser. Und dafür braucht man in Deutschland einen Bootsführerschein...
Foto: Oldtimerreporter.Fröhlich


Eine Angelegenheit, die sicherlich nicht verkaufsfördernd ist. 10000 Exemplare sollen aus den Hallen in Lübeck und Berlin rollen, am Ende (1965) werden es angeblich 3878 Stück von denen mehr als 3000 in die USA gelangen. Die letzten neuen Amphicar werden wenigstbietend verhökert, die Welt nimmt kaum noch Notiz von ihnen. Und heute? Die Zeit ist doch manchmal gnädig: Die Amphicars haben besonders in den USA einen festen Liebhaberkreis und werden – wenn überhaupt – meistbietend angeboten. Zu manchem schwimmt die Erfolgswelle eben etwas später. Gut geschwommen, kleiner Seefreund!
Für den Fall, dass Sie auf den Geschmack gekommen sind und jetzt ein gutes Amphicar suchen, sollten Sie deutlich über 50.000 Euro und jede Menge Geduld haben.
Knapp tausend Stück - überwiegend in den USA - sollen noch existieren.