Echt Deutsch und eines der allerletzten Werke des Kölner Karosseriebauer. Ihm ist ein wirklich schönes Cabrio auf Basis des Ford Capri gelungen. Von 48 Stück haben ganze 12 überlebt. Eins davon bei der Familie Zwick, den heiligen Hallen der Capri-Szene. Fotos: Oldtimerreporter.Müller


Sie kennen Capri? Jene italienische Insel mit blauem Meer und weißen Felsen, die Rudi Schuricke gesanglich auf ewig in deutsche Köpfe einbrennt? Für manchen bleibt sie lange nur ein stiller Traum, weil es an irgendeiner Stelle immer mangelt. Aber wozu haben wir denn die Autoindustrie? Sie baut Autos, deren Namen alleine Millionen von Sehnsüchten befriedigen. Ford versteht das Ende der 60er-Jahre geradezu meisterhaft: Man benennt das neue, schicke Sportcoupé „Capri“, exakt eben nach der Schuricke-Insel. Ein kräftiger Schuss filigranes Italien, gewürzt mit einem Stoß würzigem US-Barbecue, gepaart mit fernwehtauglicher Technik – DAS Rezept für einen wahren Schlager.

Ab 1969 leihen sich Hunderttausende Familienväter, Dorfjugendliche etc. den letzten Groschen von Oma, um DIESES Coupé zu bekommen. Familienväter? Ja, Sie haben richtig gelesen. Im Vergleich zu einem engen Krabbler ist der Capri eine geräumige Sache. Kegel, Koffer und Kind passen leicht hinein. Also auf nach Italien im Capri! Die Dorfjugend träumt nicht so sehr von Italien, sondern vom Capri an sich. Genau gesagt von einem 2600 V6 mit beglückender Leistungsentfaltung. Letztlich begnügt man sich aber nicht selten mit einem unbrünftigen 1300 V4. Hauptsache Capri, heißt das Motto! Ein gutes Motto, finden auch Lucie und Manfred Zwick aus Landau in der Pfalz. Welches Fahrzeug dieses Ehepaar im Alltag fährt? Si, naturalmente:  Einen Ford Capri.  Wie man dazu kommt, ein altes Ford-Coupé durch die Tücken des Alltags zu bewegen? Nun, vielleicht macht es die Sache leichter, wenn man seit 1981 nichts anderes als Ford Capri fährt. Nichts anderes als Ford Capri? Auch nicht einmal einen klitzekleinen Taunus oder Granada zwischendurch? „Nein!“, lautet die entschiedene Antwort. Aber warum? DIE LIEBE ist an allem schuld! Nein, ausnahmsweise mal nicht die zwischen zwei Menschen, sondern die zwischen einem jungen Mann und einem gelben Capri. Einem gelben Capri mit schwarzem Dach!


Natürlich auch ein "Biest", denn ein RS darf beim größten Capri-Fan des Kontinents nicht fehlen.


Wir schreiben das Jahr 1981, als ein junger Mann in der Pfalz knapp bei Kasse ist und trotzdem einen fahrbaren Untersatz benötigt. Das bisherige Gefährt mit Blitz im Kühlergrill erweist sich als Fan von Werkstätten, so kann es also nicht weitergehen. Aber da ist doch… dieser Capri in der nahen Verwandtschaft… der wäre zu haben! Einen Haken hat die Sache – das Preisschild am Capri. 600 DM steht da in großen Lettern dran, 1981 eine große Zahl für einen alten Ford. Viel zu groß für den knapp geschnittenen Geldbeutel des jungen Pfälzers. Darin befinden sich 200 DM, und keine müde Mark mehr. Kurzer Handel, zerknirschte Einsicht in enge Finanzverhältnisse. Handel perfekt, 200 DM Kaufsumme. Da ist er nun, der gelb-schwarze Renner. Welchen Motor er hat? Egal, er fährt, er bremst – und es ist ein Capri! Nach ungefähr 90 Sekunden Fahrtzeit ist der Neukäufer schockverliebt in den Kölner Mini-Mustang. Die Form! Das Interieur! Die Straßenlage! Eine rosa Wolke nach der anderen kreuzt den Weg des neuen Capri-Jüngers. Die rosa Wolken beschließen auch insgeheim, dass es im Leben des jungen Mannes nie mehr ein anderes Automobil als einen Ford Capri geben wird. I, II, III, alle Modellreihen durchkreuzen die Capri-Hallen des Jüngers. V4, V6, OHC, schmales Brüstchen, dicke Hose, alles ist dabei. Nullausstattung, GT, XL, Ghia, L, jeder ist willkommen, solange er Capri heißt. Die erste Urlaubsreise des jungen Ehepaares findet natürlich auch im Capri statt. Der Nachwuchs wohnt etwas beengt auf der Reise, er muss sich sein Abteil mit einem Koffer teilen. Aber wie heißt es so schön? Hauptsache Capri! Außerdem kann er sich mit einem Capri-Schwimmring trösten, der sich an einem Strand findet. Capri überall!  


Köln-Power: Der RS-V6 bringt 150 PS auf die Straße, die für mindestens 200 km/h reichen. In den Siebzigern eine echte Ansage.


Ein anderer Zwick-Capri geht nie auf Reisen: Ein Capri I 1300 mit 2500 km auf der Tachowalze! Echte 2500 km, dokumentiert durch einen absolut makellosen Blechzustand, die Innenausstattung atmet den neuwertigen Zeitgeist des Jahres 1969. Ein bezauberndes Hellgrün (Farbcode 67) ruft dem Betrachter zu: „Verliebe dich in mich, auf der Stelle!“ Die Erstbesitzerin verliebt sich auch in Hellgrün 67, als sie den Capri bei einer Verlosung eines Autohauses gewinnt. Leider ist es ihr durch eine Körperbehinderung nicht möglich, den 1300er selber zu steuern. Das übernimmt ihr Bruder, zumindest kurzzeitig. Er ist allerdings großer Anhänger alkoholischer Getränke, was seiner Fahrerlaubnis nicht gut bekommt. Pappe weg, Capri in die Scheune für die nächsten 40 Jahre… Ein Jahr lang verhandelt Familie Zwick, bevor sie den Zuschlag bekommt und den Ford von einer dicken Staubschicht befreien kann. Fahren mit dem quasi Unberührten? Nein, das geht nicht, dann wäre die Unberührtheit weg.
Unberührtheit scheint auch ein gutes Stichwort für den nächsten Zwick-Capri zu sein. Capri II 3.0 Ghia Automatik, flammorange, Baujahr 1977. Perfekt lackiert glänzt der luxuriöse Bolide in der südpfälzischen Sonne. Nein, der Lack stammt nicht aus den Kölner Ford-Hallen. Ein Freund der Familie Zwick restauriert den Ghia und trägt einen Neulack auf, der ab Werk kaum perfekter gewesen sein dürfte. Einen Monat nach der Vollendung verstirbt der Freund, einmal noch fährt er den 3.0 bis dorthin. Das Ehepaar Zwick übernimmt den Capri und verspricht, ihn NIEMALS zu verkaufen. Ein Zweifel daran ist absolut überflüssig… Ohnehin ist Herr Zwick in der Szene als Capri-Guru bekannt, durch seine Hände wanderten Hunderte von Capris, er ist das Lexikon der Capri-Szene. „Kauf du meinen Capri, bei dir ist er gut aufgehoben!“, lautet ein Standardsatz. Dieser Satz führt den Capri-Freund auch zu dem heiligen Gral der Capri-Jünger, einem 2.6 RS, auch „das Biest“ genannt. Ein Zwick-Freund möchte das Biest eines Tages aus unerklärlichen Gründen abgeben, aber NUR in die Hände von Manfred Zwick. Sagt man da nein? Natürlich nicht, auch wenn man seine 40-köpfige Capri-Sammlung dann vielleicht um ein anderes Exemplar erleichtern muss. Schweren Herzens natürlich, aber für einen 2.6 RS… macht man alles!! Eine kurze Kostprobe am laufenden Motor verdeutlicht das dem Autor auf das Nachhaltigste. Ein schönes Biest! Stichwort schön: Unter diese Kategorie kann man ein Capri-Cabriolet der Firma Deutsch wohl eindeutig einordnen. 48 Fans mit größerem Geldbeutel (Umbaukosten 1970 ca. 5000 DM) leisten sich bis 1972 diesen Luxus. Überlebende? Exakt 12. Einer davon selbstverständlich in den Zwick-Garagen- ein 2.6 GT.


Wenn im Capri die rote Sonne .... richtig: dann braucht man wenigstens einen passenden Original-Capri-Schwimmring.


Eines Tages raunt die Capri-Szene wieder in Richtung Landau: Ein Ford-Autohaus muss verkleinern und gibt das Tafelsilber Capri-Cabriolet ab! „Ich kaufe ungesehen!“, ruft es aus der Pfalz zurück. Das ginge doch nicht, so ungesehen, erwidert der Verkäufer. Man müsse sich das Fahrzeug doch auf der Hebebühne ansehen! Eine lebhafte Diskussion entsteht, schließlich stimmt der Käufer um des Friedens Willen einer Besichtigung zu. Was er sieht? Pure Makellosigkeit, die Erfüllung eines lang gehegten Traums. Dutzende von anderen Träumen leben in anderen Zwick-Hallen, ein Leben für den Capri. Capri, Zweigstelle  Südpfalz. Rudi Schuricke hätte seine Freude daran. Ciao, amore Capri, dein Fan vergisst dich nie!