Bus-Komfort der frühen Tage: Sitzen konnte man jedenfalls.
Fotos: Oldtimerreporter.Fröhlich


Kindheitserinnerungen an Sommerurlaube in der Schweiz: Berge, natürlich, dazu ein Bauernhof mit Katzenbabys. Und: diese gelben Postbusse. Vor jeder Kehre tröten sie ihre Melodie, und unbeirrt schieben sich die Kolosse bergan. Ich war so begeistert von den in Deutschland völlig unbekannten Saurer, dass Papa sogar ein Foto seines 36er Kleinbildfilms für sie geopfert hat.

Saurer wurde 1853 gegründet und legte sich schon nach wenigen Jahren auf die Produktion von Textilmaschinen zu. 1897 erweiterte Adolph Saurer seine Produktpalette und baute den ein Jahr zuvor entwickelten Verbrennungsmotor erstmals in ein Kraftfahrzeug ein.


Heute in Berlin für Classic-Touren im Einsatz: der Saurer 5GF von Grenzenlos-Reisen.


1903 markiert den Start der Nutzfahrzeugproduktion. Damit wurden schnell gute Erfolge erzielt, so verfügte das in Arbon in der Nordostschweiz beheimatete Unternehmen damit über ein zweites, solides Standbein. Ab 1914 wurde die PKW-Produktion eingestellt, Saurer spezialisierte sich weiter auf Nutzfahrzeuge, die Schweizer Armee war ein großer Kunde. Wegen starker Nachfrage, auch im Ausland, vergab Saurer Lizenzen unter anderem an Österreich, Frankreich und Jugoslawien.
In den achtziger Jahren folgten mehrere Fusionen und Beteiligungen, 1983 endete die Produktion ziviler und 1987 militärischer Saurer-LKW, 1990 übernahm Iveco das Ruder. Die Produktion von Textilmaschinen hingegen blieb erfolgreich, wurde aber 2012 nach China verkauft.


Alpen-Power: der 8-Liter-Sechszylinder mit 130 Diesel-PS.


Der graue Typ 5GF war uns voriges Jahr auf den Oldtimertagen Berlin-Brandenburg schon ins Auge gefallen, dieses Jahr war es höchste Zeit für ein Gespräch mit dem Besitzer. Zunächst überrascht uns, dass das Fahrzeug nicht die für Saurer so typischen Trilexfelgen hat. Grenzenlos-Reisen-Geschäftsführer Ulrich Schröter kann das jedoch schnell aufklären: dieser Bus ist ein österreichischer Lizenzbau, und diese haben keine Trilexfelgen. Sein Ersteinsatz war im steiermärkischen Ort Eisenerz, am dortigen Erzberg. Im Werksverkehr wurde der Bus, wie damals oft üblich, um einen Personenanhänger ergänzt. Übrigens: Während in Deutschland die Personenbeförderung in Anhängern seit 1960 verboten ist, gab es bei unseren südöstlichen Nachbarn nie eine solche Regelung.
Der nachfolgende Werdegang ist nicht genau bekannt, auf jeden Fall wurde der Saurer zum Wohnmobil umgebaut und landete nach einem Motorschaden auf einer Wiese im Süden der Republik.


Klare Ansage: Hier gibt's alle nötigen Infos für Fahrgäste und Personale.


Schröters Bruder hat ihn dort irgendwann entdeckt und an Land gezogen. Restauriert wurde er danach in sieben Jahren von Hagen Kroll und Andreas Behrendt. 2009 war es geschafft, und zwei Jahre später ging es auf große Tour.
Das Ziel hieß Sarajevo, denn von dort –von der Firma Famos- stammt das im Bus verbaute Getriebe (siehe oben: Jugoslawien hatte auch eine Saurer-Lizenz erworben). Doch die Anreise verlief anders als geplant: in Prag ereilte den Bus ein Motorschaden, der letztendlich in Wien repariert wurde. Sarajewo wurde doch noch erreicht, und nach erfolgreicher Rückkehr galt es, einen Verwendungszweck für den Oldtimer zu finden, denn Oldies wollen bewegt werden. Da die Firma Grenzenlos Reisen ja nun sowieso im Personentransport tätig ist, setzt man dort den Saurer für Fahrten entlang historischer Orte in Berlin ein. So sind die Fahrgäste gleich im passenden Ambiente unterwegs. Und der Motor läuft, jetzt wieder, wie eine Nähmaschine.


In diesem Cockpit waren noch "Kraft"-Fahrer nötig.












Traritrara, die Post ist da - oder so...

 




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