"Bürger"-Meister: Der C-Rekord hatte seine Hauptkundschaft in Kreisen konservativer Angestellter, die es geschafft hatten. 
Fotos: Oldtimerreporter.Müller


1966 in Deutschland. Das Wirtschaftswunder hat sich in Deutschland eingerichtet, Häuser werden fleißig aus dem Boden gestampft, die Italienreisen sind beinahe Allgemeingut. Die Automobilindustrie liefert die passenden Gefährte für den Trip ins Land der blühenden Zitronen. Immer mehr Bundesbürger können sich beide Träume auch verwirklichen, wenn auch mit Pfennigfuchserei. Welche Gefährte da zur Verfügung stehen? Nun, allen voran natürlich das vierrädrige Insekt aus Norddeutschland, das seit 20 Jahren vom Band rollt und rollt und rollt… Auch ein Bochumer Leichtmatrose kann den Siegeszug des Krabblers nicht aufhalten. Und eine Klasse höher?

Der Missverstandene: Irgendwie passte der K 70 nicht in das luftgekühlte Wohlfühlambiente der VW-Kundschaft. Oder war es doch der Konzern-Stiefbruder Audi 100, der rund zwei Jahre früher erschienen war, alles ein wenig besser konnte und dem 70-er den Garaus bescherte?
Fotos: Oldtimerreporter.Müller


Liebe ehemalige VW-Verkäufer, wie erklären Sie sich das?  Da erscheint der K 70 auf dem Markt, frisch gestylt, modern konzipiert, manch anderem Modell der Konkurrenz voraus. Und trotzdem verkauft er sich nur schleppend. Rund 200.000 Exemplare bringt VW von 1970 – 1975 an den Mann, für Volkswagen-Verhältnisse sind das Spurenelemente. Der Abgasskandal ist noch sehr fern, und auch ungünstige Schwingungen wie Corona & Co., auf die man es schieben könnte, sind Utopie. Was also ist schuld am K70-Dilemma? Blenden wir dazu in das Jahr 1970 zurück:

Doppelscheinwerfer waren bei den "großen" Dreiern montiert. Die Sechszylinder haben zusätzlich die Typenbezeichnung im Grill. Dieses kann also nur ein 320 oder 320i  Vierzylinder sein. Foto: BMW AG.


Formen können faszinieren, Worte vermögen dich in den Bann zu ziehen – und Zahlen sind gerne elektrisierend. Mathematik-Phobiker streiten das vehement ab, wahre BMW-Fans hingegen stimmen eifrig zu. Seit 1975 löst die Zahl „3“ bei manchem weiß-blauen Anhänger wahlweise Gänsehaut, Sehnsucht oder schlaflose Nächte aus. Mitunter alles gleichzeitig, letzteres gerne in Abhängigkeit von unfreiwilligen Fahrausflügen in die Fauna und Flora der Umgegend. Fahrphysik ist manchmal grausam, es interessiert sie nicht, an welchem Gefährt sie gerade wirkt.

Am 12. September 1993 war es, als Roland Asch auf der Berliner Avus (!) beide DTM-Läufe mit einem W201 gewann.
Fotos: Mercedes Benz Classic-Archiv.


Die automobilen Bedürfnisse des Otto Normalverbrauchers sind sehr vielfältig und verschieden. Dem einen genügt es, ein Fahrzeug in Schlichtausstattung  zu besitzen, für einen anderen muss es die Luxuslimousine sein, wiederum andere legen Wert auf die Fächer Sport und Leistung. Sie meinen, ein Modell alleine kann diese Anforderungen nicht abdecken? Das Mercedes-Modellprogramm der 1960er- bis 1980er-Jahre widerlegt diese These auf das Deutlichste. Da finden sich Magermodelle, mit denen selbst Buchhalter ihre Schwierigkeiten hätten, ebenso Luxuskaleschen und/oder Wagen mit ordentlich Wumms unter der Haube.